Intern I Nachruf D. Aurich
Nachruf
Am 16. Februar 2024 verstarb Herr Professor Dr.-Ing. Dietmar Aurich, Ehrenmitglied und ehemaliger Vorsitzender des DVM sowie Träger der Erich-Siebel-Gedenkmünze, in seinem 87. Lebensjahr. Geboren und aufgewachsen in Sachsen, verließ er seine Heimatstadt kurz nach dem Abitur und nahm 1955 sein Studium an der Fakultät für Bergbau und Hüttenwesen der Technischen Universität Berlin auf.
Mit seiner Arbeit Über die Korngrößenbestimmung von vielkristallinem Aluminium mittels Ultraschall promovierte Dietmar Aurich 1967 an der TU Berlin. Er war bereits seit 1962 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der damaligen Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin-Lichterfelde tätig. Dank seiner Fähigkeit und seines Engagements avancierte er rasch zum Laborleiter und wurde dann 1975 mit der Leitung der Abteilung 1 "Metalle und Metallkonstruktionen" betraut. Diese verantwortungsvolle Position leitete er mit großem Engagement, Weitsicht und äußerst erfolgreich bis zu seiner Pensionierung im Dezember 1999.
Den Höhenpunkt der wissenschaftlichen Karriere von Dietmar Aurich bildet seine langjährige Auseinandersetzung mit den Versagensmechanismen in metallischen Werkstoffen unter verschiedenen Belastungszuständen. Im Zentrum seines Interesses lagen die Ermittlung von Werkstoffkennwerten aus Laborversuchen mit Probekörpern und ihre Übertragung auf zuverlässige Regeln zur sicheren Dimensionierung von Bauteilen. Sein Buch "Bruchvorgänge in metallischen Werkstoffen", das 1978 erschien, ist ein Meilenstein in der Implementierung der Bruchmechanik in den deutschen Sprachraum. Sein anerkanntes Ansehen in der Fachwelt spiegelt sich in seiner langjährigen Tätigkeit in Gremien der Reaktorsicherheitsforschung sowie in der großen Anzahl von Gutachten mit großer sicherheitstechnischer Bedeutung, an denen er maßgeblich mitwirkte. Die enge Zusammenarbeit mit seinen Weggefährten – unter anderen Erwin Sommer (Freiburg) und Winfried Dahl (Aachen) sowie Horst Blumenauer (Magdeburg) und Heinz-Joachim Spies (Freiberg) – war für ihn nicht nur wissenschaftlich von Bedeutung, damit wollte er auf der menschlichen Ebene Brücken zwischen den damals noch getrennten deutschen Staaten schlagen.
Aufgrund seines breitgefächerten Wissens und seiner Fähigkeit, analytisch-kritisch zu denken und pragmatisch zu entscheiden, war Dietmar Aurich stets ein äußerst gefragter Gutachter unter anderen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG, für das Fachgebiet Werkstoffeigenschaften und Werkstoffmechanik, die seinen Rat bei einzelnen Forschungsanträgen sowie bei der Bewertung verschiedener Schwerpunktprogramme und Sonderforschungsbereiche einholte. Ebenfalls wurde er von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschung, AiF, und im Bewilligungsausschuss der Stadt Berlin als Gutachter für die F+E-Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen.
Mit seiner aufgeschlossenen Art und seiner ausgeprägten fachlichen Kompetenz war sein Rat an vielen Stellen gefragt. Ganz besonders im Deutschen Verband für Materialforschung und -prüfung, in dessen Arbeitskreis "Bruchvorgänge" er besonders prägend wirkte. Dietmar Aurich gehörte lange Jahre dem Vorstand an, übernahm von 1983 bis 1987 die Funktion des Vorsitzenden und danach bis 1990 die des stellvertretenden Vorsitzenden. Aufgrund seiner Verdienste um den DVM wurde er 1999 zum Ehrenmitglied des Vorstands ernannt. Im Jahr 2000 erhielt er für seine Leistungen auf dem Gebiet der Materialforschung und -prüfung die Erich-Siebel-Gedenkmünze.
Dietmar Aurich war ein begabter Bastler, auch in schwierigen Situationen konnte er mit wenigen Mitteln das Familienauto reparieren. Die Musik – insbesondere am Klavier – war für ihn sehr teuer; von seiner Bewunderung für Menahem Pressler und sein Beaux-Arts-Trio aber auch Jazz-Pianisten hat er mir häufig erzählt.
Von seinen zahlreichen Kollegen wurde Dietmar Aurich als zuverlässig, hilfsbereit und konstruktiv sehr geschätzt. Wir werden ihm immer ein ehrendes Andenken bewahren.
Pedro Dolabella Portella, Berlin