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Kurzfassung I BF2023 Juniorpreisbeitrag M. Lauf

Ausführliche Fassung veröffentlicht auf
DVM-Wissen, DVM-Arbeitskreis Betriebsfestigkeit 49. Tagung 2023
DOI 10.48447/BF-2023-130

Experimentelle und simulative Schwingfestigkeitsuntersuchungen von geschweißten Kupferverbindungen basierend auf der Realgeometrie

Matthias Lauf, Stefan Pruy, Sebastian Kiesner

ZF Friedrichshafen AG, Schweinfurt

Für die betriebsfeste Auslegung elektrischer Antriebe gegen hochfrequente vibratorische Lasten ist insbesondere die Bewertung elektrischer Subkomponenten mit Schweißverbindungen aus hochreinem Kupfer notwendig. Aufgrund des neuen Werkstoffs sowie der starken Kopplung zwischen Beanspruchung und Beanspruchbarkeit für diese spezielle Werkstoffklasse können etablierte Methoden der Schweißnaht-Festigkeitsbewertung nicht mit ausreichender Sicherheit angewandt werden. Somit sind neue Bewertungsmethoden und insbesondere Konzepte zur Übertragbarkeit der Beanspruchbarkeit notwendig.

Ziel dieses Beitrags ist daher zunächst das Vorstellen der komplexen Eigenschaftssituation geschweißter Kupferverbindungen anhand eines reduzierten Prüfprogramms und das Hervorheben des gekoppelt wirkenden Einflusses der lokalen Geometrie sowie der thermisch veränderten Mikrostruktur auf das Ermüdungsverhalten derselbigen. Aufbauend auf dieser Erkenntnis wird das für Stahlschweißverbindungen erarbeitete „NuMeSiS“-Konzept nach Kaffenberger als Grundlage zur Übertragbarkeit der Beanspruchbarkeit der geschweißten Kupferverbindungen gewählt. Grundlage dieses Konzepts ist die Berücksichtigung der realen Schweißgeometrie anhand von hochaufgelösten optischen Vermessungen für die Durchführung von Lastsimulationen. Für die Übertragbarkeit der Beanspruchbarkeit berücksichtigt das Konzept sowohl die Mikrostützwirkung nach Neuber mit der Mikrostrukturlänge ρBild entfernt.  als auch das Fehlstellenmodell nach Weibull mit dem Streuparameter κ . Beide Parameter sind initial unbekannt und werden bei der gemeinsamen Auswertung mehrerer Prüfreihen durch die Zielvorgabe möglichst geringer Gesamtstreuspannen als Optimierungsparameter abgeleitet, siehe auch Abbildung 1. Die vollalgorithmische Umsetzung sowie die inhaltliche Erweiterung des ursprünglichen Konzepts werden im Rahmen des Beitrags erläutert.

Lauf Bild 1

Abb. 1: Beispielhafte Bestimmung der Optimierungsparameter ρ  und κ  für hochreine Kupferschweißverbindungen mit Anrissort Schweißnaht anhand der Zielvorgabe einer minimalen Gesamtstreuspanne.

Für die konkrete Anwendung des Konzepts auf die vorhandenen Prüfreihen hat sich die Aufteilung dieser nach Anrissort (entweder direkt in der Schweißnaht oder dominant durch die Wärmeeinflusszone) als sinnvoll erwiesen. Für beide Fälle können zusammengefasste Optimalstreuspannen TS<1,4  erzielt werden, wobei die zu bestimmenden Optimierungsparameter ρ,κ  zwischen den Anrissorten deutlich variieren – insbesondere die optimierte Mikrostrukturlänge verändert sich zwischen Prüfreihen mit Schweißnahtanriss ρSN=0,24mm  und Prüfreihen mit Anriss in der Wärmeeinflusszone ρWEZ=0,05mm  deutlich. Qualitativ korreliert diese Veränderung der Mikrostrukturlänge mit den unterschiedlichen Korngrößen in den untersuchten Gefügebereichen, ein direkter Bezug kann allerdings noch nicht gezeigt werden. Um die Prognosefähigkeit des Übertragbarkeitskonzept zu demonstrieren, wird im Rahmen des Beitrags abschließend eine noch nicht bekannte Prüfreihe mit den zuvor ermittelten Optimierungsparametern ausgewertet und eine sehr gute Korrelation zwischen erwartetem und tatsächlichem Ergebnis erzielt.

Mit dem im Beitrag vorgestellten und erweiterten „NuMeSiS“-Übertragbarkeitskonzept steht somit erstmals ein Konzept für die rechnerische Vorhersage der Beanspruchbarkeit geschweißter Kupferbauteile zur Verfügung. Hierbei sind allerdings auch die aktuellen Schwierigkeiten des Konzepts zu betonen: Weder ist die optische Erfassung geschweißter Kupferbauteile uneingeschränkt möglich noch ist die benötigte Information bzgl. des konkreten Anrisspunkts der zu untersuchenden Schweißverbindung ohne Versuch stets bekannt. Zukünftig ist es damit anzustreben, die im Rahmen der Konzepterarbeitung gewonnenen Erkenntnisse für weitere Vereinfachungen und Verallgemeinerungen zu nutzen.