Direkt zum Inhalt

Kurzfassung I WP2023 Juniorpreisbeitrag M. Jensen

Ermüdungsverhalten von warmumgeformten dicken Blechen aus 22MnB5

Fatigue behaviour of hot-stamped thick sheets made of 22MnB5

M. Jensen1, T. Fünfkirchler2, R. Masendorf1, S. Hübner2, S. Wiedehage1, B.-A. Behrens2, A. Esderts1

1 TU Clausthal, Institut für Maschinelle Anlagentechnik und Betriebsfestigkeit
2 Leibniz Universität Hannover, Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen

Warmumgeformte höchstfeste Stähle, wie sie im Automobil-Rohbau etabliert sind, wurden bereits für Anbauteile an Fahrgestellrahmen von Nutzfahrzeugen wie hintere und vordere Unterfahrschutzeinrichtungen in Betracht gezogen. Die Substitution der in diesem Bereich üblicherweise verwendeten Feinkornbaustähle mit Blechdicken von bis zu 9 mm durch dünnere warmumgeformte Stähle bietet ein immenses Gewichtseinsparpotenzial. Daher wird ein modifiziertes Warmumformverfahren vorgestellt, das die Einstellung vorteilhafter Ermüdungseigenschaften des Mangan-Bor-Stahls 22MnB5 ermöglicht. In diesem Beitrag werden verschiedene Wärmebehandlungen untersucht, um günstige Referenzwerte für die Schwingfestigkeit zu erhalten. Bei der Untersuchung von Blechen mit einer Stärke von 6 mm lassen sich über den Querschnitt gradierte Werkstoffeigenschaften erzielen, die sich infolge des Herstellungsprozesses einstellen. Ziel ist es mit den gradierten Werkstoffeigenschaften eine hohe Schwingfestigkeit und eine Hemmung des Risswachstums zu erzeugen. Für die Untersuchung von gradierten Werkstoffeigenschaften werden Bleche aus 22MnB5 konduktiv auf die erforderliche Austinitisierungstemperatur von ca. 950°C erwärmt. Anschließend wird das Blech in einer Umformpresse in ein Blechwerkzeug eingelegt, wo der eigentliche Formhärteprozess stattfindet. Um Blechbauteile aus 22MnB5 konventionell formzuhärten, muss ein martensitisches Gefüge erzeugt werden. Dies geschieht unter erhöhter Flächenpressung durch schnelles Abkühlen oberhalb der kritischen Abkühlgeschwindigkeit von 27 K/s. Um gradierte Werkstoffeigenschaften zu erzeugen, wird der Abschreckprozess unterbrochen und die Bleche an Luft abgekühlt. Ebenfalls werden konventionell hergestellte Bleche durch Sandstrahlen mit Korund F30 nachbehandelt.

Aus den formgehärteten Blechen werden mit Hilfe des Wasserstrahlschneidens Schwingfestigkeitsproben mit konstanten Schnittparametern hergestellt. Die Werkstoffproben werden in einer 4-Punkt-Biegevorrichtung kraftgeregelt geprüft. Die Versuche werden im Zeitfestigkeitsbereich mit dem Perlenschnurverfahren nach DIN 50100:2016 und mit einem Spannungsverhältnis von R=-1 durchgeführt. Aus den Versuchen mit dem Perlenschnurverfahren ergeben sich abhängig von Abkühl- und Nachbehandlungen unterschiedliche Wöhlerlinien im Zeitfestigkeitsbereich, siehe Bild 1 a).

 

 

 

 

 

 

Bild 1:           a) Wöhlerlinien verschiedener Abkühlrouten, b) Bruchflächen der Werkstoffproben

Bei Proben mit einem unterbrochenen Abschrecken wurde eine geringere Schwingfestigkeit mit einer steilen Wöherlinienneigung von k ≈ 3 festgestellt, welches auf vorhandene Risse in der Probe hinweisen können, siehe Bild 1 b). Die Analyse der Mikroschliffe liefert keinen eindeutigen Nachweis für das Vorhandensein von Oberflächenanrissen vor der Schwingfestigkeitsprüfung. Es wird vermutet, dass die Varianten V01 – V03 empfindlich auf Oberflächendefekte reagieren und daher eine niedrigere Schwingfestigkeit aufweisen. Die Verwendung von Korund F30 zum Strahlen bei Variante V04 führt zu Druckeigenspannungen, die das Risswachstum hemmen und wiederum eine Steigerung der Schwingfestigkeit bewirken. Die Untersuchungen von Eigenspannungen, sowie Analysen zur Rissentstehung und Rissausbreitung, sind im Rahmen des IGF-Projekts 22081N vorgesehen.